Nach 30 Jahren: Neuwied schafft den Finanz-Turnaround

Beigeordneter und Finanzdezernent Ralf Seemann (Foto: Stadt Neuwied / Maxie Meier)

Nachtragshaushalt 2023 weist unter dem Strich ein Plus von 4 Millionen Euro aus – Beigeordneter Ralf Seemann: „Licht am Ende des Tunnels“ 
 

30 Jahre lang hat die Stadt Neuwied Haushaltspläne mit Roten Zahlen vorgelegt – bis zu diesem Jahr. Da präsentierten Oberbürgermeister Jan Einig und Finanzdezernent Ralf Seemann erstmals seit 1993 wieder einen Etat mit positivem Saldo. Und es bleibt aller Voraussicht nach dabei - auch nach Einberechnung der jüngsten Tariferhöhungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung jedenfalls einen Nachtragshaushalt verabschiedet, bei dem sich unter dem Strich nichts geändert hat: Es bleiben 4.070.000 Euro Überschuss. 

„Das gleiche positive Ergebnis“, freut sich Ralf Seemann und führt aus, dass der Nachtrag aus seiner Sicht eigentlich gar nicht notwendig gewesen wäre. Aber um auch künftig Fördermittel aus Mainz erhalten zu können, war die Stadt gezwungen, den Hebesatz für die Grundsteuer A (unbebaute Grundstücke) auf den sogenannten Nivellierungssatz des Landes anzuheben. Im Ergebnis kamen dabei Mehreinnahmen von gerade einmal 3800 Euro heraus – aber eben auch die Pflicht, einen Nachtragshaushalt zu erstellen. Bei dem kann nun eine höhere Gewerbesteuerprognose die zusätzlichen Personalkosten ausgleichen.

Bleibt es in der Endabrechnung bei diesen Schwarzen Zahlen, dann erzielt die Stadt Neuwied im Ergebnis zum dritten Mal in Folge einen Haushaltsüberschuss. „Der Unterschied ist“, so erklärt Seemann, „dass wir 2021 und 2022 noch von Sondereffekten profitiert haben, zum Beispiel von unerwarteten Nachzahlungen im Jugendamtsbereich. Erst dadurch wurde das Ergebnis gedreht.“

Dass dieses Mal jedoch auch schon bei der Planung ein Plus unter dem Strich stand, ist für den Beigeordneten vor allem perspektivisch von Bedeutung. „Nachdem die ersten beiden Entschuldungsprogramme des Landes falsch angelegt waren, bekommen wir jetzt durch die Neuordnung des Finanzausgleichs endlich Mehreinnahmen“, sagt er und führt weiter aus, dass Neuwied außerdem zum Schuldenabbau 35 Millionen Euro aus dem Programm „Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen“ – kurz: PEK – erhält. Da durch die zuletzt positiven Ergebnisse die kurzfristige Verschuldung bereits von 95 auf 70 Millionen Euro reduziert werden konnte, blieben danach noch 35 Millionen. „Das ist ein Volumen, bei dem wir langsam Licht am Ende des Tunnels sehen können. Eine Entschuldung scheint damit möglich, auch wenn es noch ein langer Weg wird“, sagt der Beigeordnete. Und das wiederum hätte gravierende Konsequenzen: Denn Neuwied hat mit der Kommunalaufsicht zwar Ausnahmen für die Finanzierung des Kindergartenausbaus und zur Schaffung von Gewerbegebieten aushandeln können, darf ansonsten aber grundsätzlich nur so viel Geld investieren, wie es gleichzeitig an Schulden tilgt. 2024 sind das 3,7 Millionen Euro. „Für eine Stadt von der Größe Neuwieds ist das nicht gerade viel. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns auf einen guten Weg gemacht haben, unsere finanzielle Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen“, hält er fest.