Ovi schön, dass du da bist! - Seehund-Erstzucht im Zoo Neuwied

Foto: Marcus Propach

Foto: Marcus Propach

Petra Becker genießt die Ruhe. Außer leisem Plätschern ist früh morgens an der Seehundanlage im Zoo Neuwied nichts zu hören, wo es sie seit einigen Tagen jeden Morgen bei Arbeitsbeginn als erstes hinzieht. Neben fünf großen Seehundköpfen ist hier seit Neuestem auch ein kleines Köpfchen zu sehen: Es gibt erstmals in der Geschichte des Zoo Neuwied Nachwuchs bei den Seehunden! „Das ist etwas, was wir als Zoo und auch ich persönlich uns schon lange gewünscht haben, aber bisher hat es nie geklappt“, verrät die Tierpflegerin, die das Raubtierrevier leitet.

„Als 2011 mit Janna und Flip, die zu dem Zeitpunkt beide 3 Jahre alt waren, zwei junge Tiere zu der alten Gruppe hinzukamen, und kurz darauf die Technik der Anlage auf eine Natursedimentfilterung umgestellt wurde, haben wir uns Hoffnungen auf Nachwuchs gemacht“, berichtet die Revierleiterin, „aber zwischen Janna und Flip hat es nie gefunkt, sie geht dem ungestümen Bullen auch nach Jahren noch aus dem Weg.“ 

2017 kam Weibchen Pegah hinzu, „und bei ihr haben wir sofort gedacht, das könnte was werden“, erinnert sich Petra Becker. „Mit ihren damals 17 Monaten war sie noch gar nicht geschlechtsreif, aber schon in dem jungen Alter war sie super selbstbewusst und hatte überhaupt keine Probleme mit der dominanten Art von Seehundbulle Flip.“ 2022 wurden mehrfach Paarungen beobachtet, und da die Welpen bei Seehunden immer im Juni und Juli zur Welt kommen, stieg im Frühling 2023 die Spannung. Die Überraschung war jedoch riesig, als sich nicht nur ein, sondern gleich zwei Seehundbäuche sichtlich rundeten. „Bei der 29-jährigen Mona, die schon seit Haltungsbeginn im Jahr 1995 bei uns ist, hat nun wirklich niemand mehr mit Nachwuchs gerechnet“, verrät Becker.

Mona war dann auch die erste, die am vergangenen Freitagmorgen ein männliches Jungtier zur Welt brachte, dass „Ovi“ getauft wurde. „Das ist die Kurzform von Óvart, dem isländischen Wort für Überraschung“, erklärt Becker. Obwohl Mona schon so alt ist, es ihr erstes Jungtier ist und sie nie eine Aufzucht miterlebt hat, erfüllt sie ihre Rolle vorbildlich: „Sie ist stets an der Seite des Jungen, navigiert es sicher durchs Becken und schirmte es auch vor der neugierigen Pegah ab, bei der die Rufe des Welpen bereits Muttergefühle auslösten.“ Lange muss sich Pegah aber sicher nicht mehr gedulden, bis ihr eigenes Junges geboren wird.

„Es ist natürlich schade, dass wir diese jungen Seehunde, zusammen mit dem Rest der Gruppe, Ende des Jahres vorerst abgeben müssen, da dann die Abbrucharbeiten für den Neubau der Seehundanlage beginnen“, sagt Petra Becker. „Bis die Tiere voraussichtlich 2025 ihre neue Anlage beziehen können, werden die Jungtiere bereits die Gruppe verlassen haben. Aber wenn es jetzt einmal geklappt hat, dann in der neuen, tollen Anlage erst recht!“