Viele Arten, ein Ersatzlebensraum: Die Afrikawiese

Sie ist eines der ersten Gehege, die man nach dem Betreten des Zoo Neuwied sieht, und zugleich eines der größten: Die Afrikawiese. „Sie muss auch groß sein, schließlich leben hier bis zu fünf Arten zusammen, darunter mehrere Großsäuger“, sagt Daniel Waked, der Tierarzt des Zoos. Wie in der Afrikanischen Savanne leben auf der über 7000m² großen Fläche verschiedene Arten Huftiere zusammen. „Die Gruppengrößen der Arten sind hier natürlich an die räumlich begrenzten Bedingungen angepasst“, erklärt Waked. „Für die riesigen Herden, die man aus Afrika kennt, haben wir hier ja leider keinen Platz. Aber eine kleine Herde Watussirinder, die aus einem Bullen und drei Kühen plus Nachwuchs besteht, findet hier ausreichend Platz.“

(c) Elke Döbbeler

Der Tierarzt, der gleichzeitig auch als Kurator für das Huftierrevier fungiert, zählt weiter auf: „Neben den Rindern mit den riesigen Hörnern leben auf der Afrikawiese noch eine aus einem Bock und zwei Weibchen bestehende Gruppe Defassa-Wasserböcke, die regelmäßig für Nachwuchs sorgen. Und die zwei männlichen Streifengnus und die zwei Sitatunga-Weibchen vermehren sich zwar nicht, ergänzen den Bestand aber zu einer tollen gemischten Gruppe, die zeitweise noch durch Strauße ergänzt wird. Man kann hier sehr schön beobachten, wie die verschiedenen Arten miteinander interagieren. Zum Glück fast ausschließlich auf friedliche Weise“, freut sich Waked. 

Trotz der gelegentlichen Interaktionen, wie beschnüffeln oder hintereinander herlaufen, bleiben die Tiere meist in der Nähe ihrer Artgenossen, und jede Gruppe hat ihre bevorzugten Aufenthaltsorte auf der Wiese. „Wir haben natürlich darauf geachtet, dass die zur Verfügung stehende Fläche nicht nur ausreichend groß, sondern auch abwechslungsreich strukturiert ist“, betont Daniel Waked. „Da gibt es große Bäume, die Schatten spenden, einen Unterstand der Schutz vor Regen bietet und vor allem mehrere aufgeschüttete Wälle, die die Wiese etwas unterteilen und es den Tieren ermöglichen, sich außer Sicht der anderen aufzuhalten“.

Die Watussirinder halten sich meist in der Nähe der Raufe am westlichen Rand der Wiese auf. „Da hier auch das Tor liegt, durch das sie abends wieder in den Stall geführt werden, sind die Rinder beim Aufstallen immer die ersten“, verrät Waked. Die Gnus bevorzugen den mittleren und östlichen Teil der Wiese, und nutzen gern den Unterstand. Die Sitatungas liegen gern am Fuß der Bäume, und haben in der südwestlichen Ecke der Wiese, neben dem Flamingogehege, einen abgetrennten Teil, in den sie sich vor den übrigen, größeren Huftieren zurückziehen können. „Dort gibt es auch eine Kuhle, die im Sommer regelmäßig gewässert wird, und in der sich die Sitatungas dann abkühlen können, denn sie stammen aus sumpfigen Gebieten“, erklärt Waked, und fügt grinsend hinzu: „Wie der Name vermuten lässt, sind auch die Wasserböcke feuchtigkeitsliebend, sollen aber nicht in den abgetrennten Bereich der Sitatungas. Zu ihrer großen Freude bildet sich jedoch am südlichen Rand der abschüssigen Anlage nach starken Regenfällen immer ein Wassergraben entlang der Mauer, der nur sehr langsam abläuft. Das genießen die Wasserböcke immer sehr – daher sehen wir das mittlerweile nicht mehr als Ärgernis, sondern als temporäre Lebensraumbereicherung für die Tiere.“